Ortseingang von Silkerode

Goethe, ich und das Geheimnis von Silkerode

Veröffentlicht in: Abenteuer Alltag, unterwegs | 2

Heimatkunde deluxe

Am Freitagabend entdeckte ich zufällig einen kleinen Ort auf der Karte, der fast so heißt wie ich: Silkerode. Erstaunlicher Weise wohne ich seit knapp sechs Jahren nur 33 Kilometer Luftlinie entfernt von diesem Dorf, ohne davon bisher gehört zu haben. Das Ziel des nächsten Sonntagsausflugs stand natürlich sofort fest! Und so starteten wir zwei Tage später zu einer kleinen Landpartie.

Gebäude in Silkerode

Silkerode ist ein Sackgassendorf am Rande des Harzes mit einer evangelischen Kirche und offiziell 423 Einwohnern (inzwischen sind es 424, vermute ich, denn wir haben da so eine sehr junge kahlköpfige Dame getroffen). Es liegt in unmittelbarer Nähe zur thüringisch-niedersächsischen Grenze in der „Buckligen Welt“ und gehört zu einer Gemeinde mit dem hübschen Namen Sonnenstein. Sonst gab das Internet wenig Informationen über meine Namensbase her. Ich hatte also kaum Erwartungen, außer den festen Vorsatz, neben dem Ortschild und dem Bach (die Silke natürlich) noch mindestens eine liebenswerte Eigenschaft zu finden. Und das war erstaunlich leicht.

Südkurve des Waldstadions in Silkerode

Ein Mekka für Sprachfreunde

Besonderes Highlight für mich: Die Straßenschilder sind zweisprachig in plattdütsch und hochdeutsch, denn Silkerode gehört zum Plattdeutschen Sprachraum. Da die Schilder so toll sind, sollte es hier dringend mehr Straßen geben.

Wie es sich für einen ordentlichen Ort im Harz gehört, gibt es auch eine Goethe-Eiche. Der Dichter kam hier im Dezember 1777 auf seiner Harzreise vorbei – wobei das nur einem Fehler seines Führers zu verdanken war. Goethe verletzte sich an dem Tag außerdem am Auge und hatte deshalb (und wegen des Schneematsches) wohl keine guten Erinnerungen an diesen Ort. Aber zum Glück bin ich ja nicht Goethe.

Straßenschilder und Goetheeiche in Silkerode

Noch mehr Sehenswürdigkeiten

Eine völlig unterschätze Sehenswürdigkeiten ist der dorfgroße Tierpark, der sich über den ganzen Ort verteilt und Schafe, Ziegen, Gänse, Alpakas, Katzen, eine Vogelvoliere und bestimmt auch irgendwo ein paar Kühe zu bieten hat. Sogar eine Giraffe erspähten wir. Die war dann aber nur aus Holz.

Ein Highlight ist auch der Verkehrskreisel. Am Dorfende treffen eine kleine Sackgasse, eine Landwirtschaftlicher-Verkehr-frei-Straße und das Ende der Dorfstraße aufeinander – und da steht ein Kreisel. Sehr beeindruckend. Wir waren ja jetzt an einem Sonntagnachmittag dort; aber stellt euch mal vor, was da zur Rush Hour los sein muss!

Kreisel und Milchbank in Silkerode

Perfekter Sonntagsausflug

Die Einwohner Silkerodes holen aus dem, was sie haben, das Beste raus. Die Häuser sind individuell gestaltet und gepflegt ohne spießig zu sein und jede historische Sehenswürdigkeit wird liebevoll mit einem kleinen Schild geehrt. Dabei gibt es hier für Besucher außer einem Kaugummi-Automaten quasi keinerlei Möglichkeit, Geld im Ort zu lassen. Trotzdem kann man so wunderbare Dinge entdecken wie die hübsche Milchbank, die in Erinnerung an alte Zeiten dekorativ aufgestellt wurde.

Es waren wohl auch die Menschen, die wir trafen, die dafür gesorgt haben, dass ich mich hier wohlfühlte. Ausnahmslos jeder hat uns gegrüßt und angelächelt. Vielleicht saß die Dorfgemeinschaft abends in der Festhalle zusammen und diskutierte darüber, wer wohl die Fremden waren, die sich da im Dorf herumgetrieben haben. Ein fast tröstlicher Gedanke, denn das würde bedeuten, dass ich in Silkerode ebenfalls einem bleibenden Eindruck hinterlassen hätte.

Silkerode: Da geht's lang

Ich gebe es zu: Silkerode hatte einen kleinen Sympathievorsprung bei mir und präsentierte sich mir – anders als dem Herrn Geheimrat – im goldenen Oktoberlicht von seiner Schokoladenseite. Dieser kleine Ausflug in ein wohl ganz normales deutsches Dorf hat aber auch bestätigt, dass man in allen Orten dieser Welt etwas Liebenswertes finden kann, wenn man die richtige Einstellung hat und genau hinschaut. Und dass auch quasi vor der eigenen Haustür kleine Abenteuer warten können. Probiert es aus!

2 Antworten

  1. Wolfgang Mautschke

    Hallo Silke Hartmann !
    Durch meine Tochter (wohnt in Rostock) wurde ich auf Ihre Betrachtung unseres Ortes aufmerksam gemacht. Hätten Sie sich, wie das im ehemaligen Grenzgebiet der DDR mal üblich war (und sich gehörte!), angemeldet, wären Ihnen u.U. noch andere tolle Sachen aufgefallen . Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen den Ort zu gegebener Zeit (wenn es grüner und wärmer ist) aus Sicht eines Bürgers oder Bürgermeisters. Ein ortstypisches Essen eingeschlossen.

  2. Silke

    Hallo Wolfgang Mautschke,
    das ist ja mal eine großartige Einladung! Und dann auch noch so eine höchst offizielle. Vielen Dank dafür! Darauf komme ich sehr gerne zurück und gelobe Besserung: Vor meinem nächsten Besuch werde ich mich ordentlich bei Ihnen anmelden. Ich bin gespannt auf all die anderen tollen Sachen, die ich dann noch in Ihrem schönen Ort entdecken werde. Und auf das Silkeroder Essen.