Wie wird man eigentlich Verlagslektorin?

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Verlage, Lektoren, Bücher machen – das schien mir früher ganz fern und unerreichbar. Ich konnte mir auch gar nicht vorstellen, wie man da ran kommen könnte, an so einen Job im Verlag. Jetzt, da ich drin bin, kenne ich einen Teil der Antwort und so unerreichbar wie es mir von außen schien, ist die Verlagswelt gar nicht.

arbeitsplatzDa mich Studierende immer mal wieder fragen, wie man Lektor wird, weiß ich, dass es vielen noch genauso geht wie mir damals. Die Frage zeigt auch, dass die Branche weiterhin attraktiv ist. Zu Recht! Zwar weist eine aktuell veröffentlichte Studie darauf hin, dass es immer weniger Mitarbeiter in Verlagen gibt, aber gleichzeitig eröffnen sich auch neue Berufsfelder und Geschäftsmodelle, und es gibt viel (personelle) Bewegung in der Branche. Die Publishing-Welt betreten zu können ist also gar nicht so abwegig. Aber wie kommt man da hin?

Der Berufseinstieg

Die schlechte Nachricht, die eigentlich eine gute Nachricht ist, zuerst: Es gibt nicht den einen Weg zur begehrten Redaktionsstelle. Genauso wie es nicht DIE Buchbranche gibt, gibt es auch viele verschiedene Möglichkeiten dort zu landen. Eine weit verbreitete Voraussetzung für den Lektoren-Job scheint ein Studium zu sein – aber auch von dieser Regel gibt es Ausnahmen. Es gilt: Viele Wege führen zum Ziel.

Es muss alles seine Ordnung haben? Das Volontariat

Der klassische Weg ist auch im 21. Jahrhundert ein Volontariat, also eine Art verlagsspezifische Ausbildung. Die Bezeichnung ist aber das Einzige, worauf man sich branchenweit geeinigt hat: Die Eckdaten der Volontariate variieren von Verlag zu Verlag, manchmal sogar innerhalb eines Hauses von Redaktion zu Redaktion. Ein Volontariat dauert zwischen sechs Monaten und zwei Jahren – bei geringem Gehalt. Auch für die Ausbildungsinhalte gibt es keine einheitlichen Vorgaben: In manchen Verlagen ist es ein reines On-the-Job-Training in der Redaktion, in anderen gehören externe Kurse und die Durchwanderung aller anderen Verlagsabteilungen (wie Vertrieb, Marketing und Herstellung) dazu.

Unkonventionell und unplanbar? Der Quereinstieg

Viele Lektorenlaufbahnen verlaufen ganz unklassisch und beginnen in einer anderen Branche. Auf den ersten Blick wichtig sind die thematische Überschneidungen der Bereiche: Wenn man aus der Forschung kommt, passt ein entsprechender Wissenschaftsverlag, Pädagogen mit Lehrerfahrung machen sich gut in der Schulbuchredaktion, passionierte Autobastler mit Germanistikstudium könnten es mal in einem Fachverlag versuchen. Ganz so eindeutig ist es dann natürlich doch nicht, aber die Grundidee wird deutlich.

Diese thematische Verknüpfung bietet den Vorteil, dass man die Autoren, die Zielgruppe und/oder die Praxis schon kennt, bisherige Kontakte eventuell weiter nutzen kann und „nur noch“ lernen muss, wie ein Verlag funktioniert. Natürlich gibt es auch brancheninterne Quereinsteiger, wie Buchhändler und Journalisten, die die Seiten wechseln.

Nie schien die Zeit für einen Quereinstieg so passend wie jetzt, da die Berufsbilder und Aufgaben im Verlag im Umbruch sind und neue Fähigkeiten und neues Wissen benötigt werden, die nicht zur bisherigen Grundausstattung eines Lektors gehören.

Tipps für die Stellensuche

Wo findet man offene Stellen?

Gesammelte Stellenangebote im Publishing-Bereich findet man zum Beispiel im Publishing Markt oder auf der Seite des Börsenblatts, dem Magazin der Buchbranche. Natürlich gibt es die Stellenangebote auch auf den Webseiten der jeweiligen Verlage. Ich empfehle, neben den bekannten Branchenriesen auch die vielen mittelgroßen und auch die Independent Verlage nicht zu vergessen. Bei der Suche nach potenziellen Arbeitgebern hilft auch ein Gang durch die lokale (Fach-) Buchhandlung oder auch die Liste deutschsprachiger Verlage.

Nichts Passendes ausgeschrieben?

Eine viel zu selten genutzte Gelegenheit bei der Jobsuche sind Initiativbewerbungen. Zugegeben: Sie kosten Überwindung, viel Recherche, Zeit und Geduld, denn wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, ist ungewiss. Aber ein kleiner Perspektivwechsel zeigt die Vorteile: Bewerbungsprozesse sind auch für Arbeitgeber eine unangenehme Situation. Sie kosten viel Zeit, Geld und Nerven. Ob am Ende der perfekte Mitarbeiter dabei herauskommt, ist fraglich. Wenn man als Arbeitgeber im Bedarfsfall einfach einen geeigneten Kandidaten aus der Schublade ziehen und sich dadurch vielleicht das ganze Kasperletheater ersparen kann, ist das eine große Erleichterung. Ausschreiben kann man die Stelle danach im Notfall immer noch, aber der „Schubladenbewerber“ hat erst einmal gute Chancen – und wenig Konkurrenz.

Vitamin B

Viele Stellen werden auch in dieser Branche ohne Ausschreibung vergeben. Dazu ist es nötig, dass jemand jemanden kennt, die für die Stelle geeignet ist oder dass man umgekehrt jemanden kennt, der einem von der freien Stelle berichtet. Für Interessierte kann es also sehr hilfreich sein, Kontakte zu Verlagis zu knüpfen. Dazu könnte man auf der Buchmesse die Verlagsstände stürmen oder einfach mal beim Traumverlag vorbeispazieren – sollte man zu diesem Zweck aber bitte nicht!

Viel erfolgsversprechender ist es, Verlagis nach Feierabend in freier Wildbahn zu treffen. Die meisten beißen nicht und erzählen gerne aus ihrer Welt. Bei den Jungen Verlagsmenschen, den Bücherfrauen, aber auch bei Stammtischen wie Pub ’n‘ Pub hat man Gelegenheit dazu. Bei den Vorträgen und Gesprächen lernt man auch gleich noch etwas über die Branche. Interessante Verlagis, die etwas zu sagen haben, findet man natürlich auch online: auf Twitter und in Blogs zum Beispiel. Durch diese virtuellen Kontakte kann man gute Einblicke und Insider-Informationen erhalten.

Auch ein (leider häufig unbezahltes) Praktikum kann eine sehr gute Möglichkeit sein, Kontakte zu knüpfen, durch eine gute Arbeitsprobe im Gedächtnis zu bleiben oder einfach, um zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein.

Wie bewerbe ich mich?

Mit ordentlichen(!), vollständigen Bewerbungsunterlagen natürlich. Ob die besser in der Print-Version, in digitaler Form oder über ein Online-Formular eingereicht werden sollten, ergibt sich entweder aus der Stellenausschreibung, der angestrebten Position oder auch aus dem Image des Verlags. Im Zweifelsfall kann man den eigenen Vorlieben vertrauen oder einfach mal beim Personalverantwortlichen anrufen und nachfragen.

Noch Fragen?

Dieser kleiner Rundumschlag lässt bestimmt noch Fragen offen. Habt ihr konkrete Rückfragen oder auch Ergänzungen? Gerne immer her damit!